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EU-Kommission setzt auf "vertrauenswürdige KI"

Politische Mühlen mahlen langsam. Die EU-Kommission hat gestern ein „Weißbuch“ zur künstlichen Intelligenz vorgelegt, das immerhin ausführlich auch auf Risiken eingeht und mehrere sehr grobe Vorschläge macht, wie diesen begegnet werden soll. Angesichts der Tatsache, dass die sozialen Medien, die wir täglich nutzen, bereits seit mehreren Jahren von selbstlernenden Algorithmen gesteuert werden, die das Potenzial haben, unsere Gesellschaft zu spalten, kommt dieser Ansatz reichlich spät und ist zudem noch sehr unkonkret. Aber besser spät als nie.

 

Tatsächlich sehe ich die Tatsache, dass Europa momentan in der KI-Entwicklung hinterherhinkt, auch als Chance. Statt blind alles Machbare zu realisieren und die Nebenwirkungen dann später erst zu erfahren, haben wir die Chance, erst zu denken und dann zu handeln. Und das könnte sich langfristig auszahlen, denn wie es im Weißbuch heißt: Vertrauenswürdigkeit  ist  eine  Voraussetzung  für  ihre  Akzeptanz.  Dies ist  eine  Chance  für  ein  Europa,  das  Werten  und  Rechtsstaatlichkeit  große  Bedeutung  beimisst  und nachweislich  in   der   Lage   ist,  sichere,   zuverlässige   und   Spitzenprodukte   und -dienstleistungen anzubieten –von   der   Luftfahrt   über   den   Energiesektor   bis   hin   zur   Automobilindustrie   und Medizintechnik.

 

Das Problem dabei ist natürlich, dass der Rest der Welt – insbesondere die USA und China – nicht auf Europa warten wird und wir User uns womöglich vorher längst in einem klebrigen Netz von Algorithmen und datengetriebenen Diensten verheddert haben, aus dem wir uns kaum noch befreien können, wenn endlich Rettung aus Europa naht. Mehrere ähnliche Ansätze, wie etwa De-Mail, die „sichere“ E-Mail made in Germany, konnten sich nicht durchsetzen.

 

Trotzdem begrüße ich den Ansatz der EU-Kommission ausdrücklich. Ich unterstütze auch die Idee, sicherheitsrelevante Anwendungen der KI, etwa im Bereich Medizin, Verkehr und Justiz, durch eine öffentliche Stelle überprüfen zu lassen, ähnlich wie dies bereits bei Medikamenten oder Spielzeug geschieht. Dies könnte zwar möglicherweise einen Wettbewerbsnachteil des Standorts Europa im Sinne einer Zeitverzögerung bei der Einführung von KI bedeuten. Doch dieser Nachteil ist meines Erachtens weit weniger schwerwiegend als die Schäden, die durch eine unbedachte und überhastete Einführung automatischer Entscheidungen in solchen kritischen Bereichen entstehen könnten. Vertrauen aufzubauen braucht nun einmal oft Jahre, es zu zerstören dauert dagegen nur Sekunden.


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